METABOLISTIC RUINS
2020
90×180×40cm bzw. 55×55×90cm, Beton, Eisen
Biennale Bregaglia
Nino Baumgartner (*1979) umkreist in seiner künstlerischen Praxis oft die Frage, wie sich uns heute Natur präsentiert: an den Rändern von Grossstädten sucht er die (sogenannte) Natur und befragt dabei eigene und gesellschaftliche Vorstellungen von Natur, die oft von einem romantischen Bild geprägt sind, dem die Realität nicht mehr entspricht, weil der Natur durch den Menschen eine massive Umgestaltung widerfahren ist – das Zeitalter des Anthropozäns lässt grüssen!
In der Arbeit Metabolistic Ruins stützt der Künstler prima facie den romantischen Blick auf die Natur: zwischen hochwachsenden Gräsern stehen Betongebilde, auf denen sich im Wind vibrierende Äste und Blätter im Schattenspiel abzeichnen. Allerdings sucht Baumgartner nun gerade nicht in der Natur nach der Natur, sondern fügt der Natur Artefakte hinzu. Die beiden Metabolistic Ruins sind der Versuch, den Rezipient*innen vor Augen zu führen, dass auch gebaute Strukturen ein zyklisches Leben haben, wenngleich ihnen natürlich eine längere Lebensspanne zukommt als Schachtelhalmen, zum Beispiel.
Die Plastiken stellen vielfältige Bezüge her zu Architektur: formal an die Talsperre und den Wohnturm auf dem Ausstellungsgelände angelehnt, erinnert die Verwendung von vorgefertigten Betonplatten an die Plattenbauweise. Über den Werktitel finden Ideen der in Japan ausgeprägten metabolistischen Architektur Eingang in den Ruinenpark auf Nossa Dona. Zentrales Anliegen der Metabolist*innen war es, Architektur und Städtebau analog zu organischem Leben als zyklisch und vergänglich zu betrachten; und diese Idee wird in der Materialität der beiden Metabolistic Ruins sichtbar. Die Plastiken sind nachlässig zusammengefügt, stehen schief und die hellen Fugen weisen Risse auf – es wird deutlich, dass die Gebilde nicht für die Ewigkeit gemacht sind. Die provisorisch anmutenden Objekte demonstrieren eine Ästhetik der Vergänglichkeit und tragen ihr eigenes Ende schon sichtbar mit sich herum; sie sind also auch im biologischen Sinne metabolisch.
Sarah Wiesendanger
EROSION
2019
2500×140×40cm, Steine vom Jura über das Mittelland bis ins Tessin, Beton, Eisen, Wasser